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Polit-Paare

Ursula & Heiko von der Leyen

Die Verbindung von Ursula und Heiko von der Leyen ist nicht nur auf privater Ebene fruchtbar. Hat Heiko auch von den Tätigkeiten seiner Frau bei der EU profitiert?

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Heiko und Ursula von der Leyen
Ursula & Heiko von der Leyen (@ IMAGO/Mauersberger)

Ursula von der Leyen

Politischer Hintergrund:

Ursula von der Leyen wurde 1958 geboren, ihr Vater Ernst Albrecht war 1976 bis 1990 Ministerpräsident von Niedersachsen. Seit 1986 ist sie mit dem Mediziner und Unternehmer Heiko von der Leyen verheiratet. 2003 bis 2005 war Ursula von der Leyen niedersächsische Ministerin für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit.1 2005 bis 2019 war sie Bundesministerin für Familie, für Arbeit und Soziales und Verteidigung. 2019 gelangte sie unter umstrittenen Umständen2 ins Amt der EU-Kommissionspräsidentin. 2024 wurde von der Leyen im Amt der EU-Kommissionspräsidentin bestätigt.

„Zensursula“ – das Zugangserschwerungsgesetz:

2009 setzte sich die damalige Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen für das Zugangserschwerungsgesetz3 ein. Es sollte das Bundeskriminalamt verpflichten, eine sogenannte Sperrliste mit Domainnamen, Internetprotokoll-Adressen etc. zu führen, die kinderpornographische Inhalte enthalten. Experten wendeten ein, Netzsperren seien unwirksam und kontraproduktiv, denn sie ließen sich sehr einfach umgehen.4 Verfassungsrechtler beurteilten das geplante Gesetz als verfassungswidrig und als Eingriff in das Grundrecht auf Informationsfreiheit.5 Es sei der Einstieg in die Zensur, eine Sperrinfrastruktur, die auf jedes Themengebiet ausgeweitet werden könne.6 Es kam zu zahlreichen Protesten, es hieß, die Netzsperren seien konzeptlos, von der Leyen habe mehrfach falsche oder unbewiesene Statistiken benutzt.7 Dennoch, von der Leyen setzte das Zugangserschwerungsgesetz durch, am 23. Februar 2010 trat es in Kraft. Aufgrund der Proteste der Bevölkerung, unter anderem der Piratenpartei,8wurde es 2011 aber wieder aufgehoben.

Bundeswehr-Berateraffäre:

Ursula von der Leyen wollte während ihrer Zeit als Verteidigungsministerin, 2013 bis 2019, die Bundeswehr modernisieren, besonders im Bereich Digitalisierung und Rüstungsbeschaffung. Dafür holte sie 2014 die Managerin Katrin Suder als Staatssekretärin ins Ministerium. Suder war ehemals bei der Unternehmensberatung McKinsey9 angestellt. An der Spitze der BWI GmbH, dem zentralen IT-Dienstleister der Bundeswehr10, wiederum stand zwischen 2016 und 2018 „ein Manager, der ein freundschaftliches Verhältnis zur damaligen Staatssekretärin Katrin Suder pflegte“, berichtete der Spiegel im Juni 2020. Und die BWI-GmbH „beauftragte in jener Zeit die McKinsey-Tochter Orphoz für mehrere Millionen Euro, ohne ein ordentliches Vergabeverfahren durchzuführen“.11 Ein Untersuchungsausschuss stellte Missmanagement fest, aber keine direkte Korruption.12 Laut Recherchen des Ministeriums löschte von der Leyen zudem auf einem Diensttelefon alle SMS, bevor sie es zurückgab.13

„Pfizergate“:

Hierbei handelt es sich um die Verhandlungen zwischen Ursula von der Leyen und Pfizer-CEO Albert Bourla während der COVID-Zeit, in den Jahren 2020 bis 2023. Es ging um einen Impfstoffvertrag im Wert von geschätzten 35 Milliarden Euro, konkret um rund 1,8 Milliarden Impfstoff-Dosen. Verhandelt wurde teilweise über SMS, die später als verschwunden galten.

Im Mai 2021 stellte Alexander Fanta im Namen von netzpolitik.org eine Informationsfreiheitsanfrage an die EU-Kommission, er forderte Einsicht in „Textnachrichten und andere Dokumente, die sich auf den Austausch zwischen Präsidentin Ursula von der Leyen und Albert Bourla seit dem 1. Januar 2021 beziehen“.14 Die Kommission verweigerte die Auskunft, da „keine Dokumente gefunden werden [konnten], die in den Geltungsbereich Ihrer Anfrage fallen“.15 Auch die Journalistin Matina Stevi, tätig für die New York Times, beantragte Zugang zu allen Textnachrichten in der Zeit vom 1. Januar 2021 bis zum 11. Mai 2022. Die Kommission lehnte auch diesen Antrag ab, mit der Begründung, sie sei nicht im Besitz dieser Dokumente.16

Vorwurf Korruption, Intransparenz, Amtsmissbrauch

Im April 2023 reichte der belgische Lobbyist Frédéric Baldan Strafanzeige gegen die Kommissionspräsidentin von der Leyen ein wegen Korruption, Amtsmissbrauch und Vernichtung öffentlicher Dokumente.17 Die Lütticher Anklagekammer wies die Klage 2025 ab. Sie sei unzulässig, da Baldan kein persönliches Interesse an der Erhebung der Klage habe, berichtet brf.be, und keinen persönlichen Schaden vorweisen könne.18 Auch Journalistin Stevi zog, zusammen mit der New York Times, 2023 vor Gericht gegen die EU-Kommission und forderte die Offenlegung der Textnachrichten zwischen von der Leyen und Albert Bourla.19

Klage der New York Times erfolgreich

Am 14. Mai 2025 hat das EU-Gericht in Luxemburg der Klage Rechtssache T-36/23 Stevi und The New York Times stattgegeben. Das Gericht entschied, es sei nun „Sache der Kommission, eine plausible Erklärung zu geben, anhand derer sich nachvollziehen lässt, warum sie die angeforderten Dokumente, die in der Vergangenheit existiert haben sollen, aber zum Zeitpunkt des Antrags auf Zugang zu den Dokumenten nicht mehr existierten oder zumindest nicht auffindbar waren, nicht finden konnte.“ Zudem habe die EU-Kommission Transparenzpflichten verletzt.20 Sie habe „gegen die (…) erwähnten Verpflichtungen verstoßen, die ihr bei der Bearbeitung des Antrags auf Zugang zu Dokumenten oblagen, und damit gegen den in Art. 41 der Charta vorgesehenen Grundsatz der guten Verwaltung verstoßen.“21

Gegen diese Gerichtsentscheidung kann noch bis Ende Juli 2025 „ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel eingelegt werden“.

Medienfinanzierung

2025 wurde außerdem bekannt, dass die EU unter von der Leyen 132 Millionen Euro für Medienkampagnen ausgegeben hatte, „ohne vollständige Transparenz über Empfänger und Verwendung“, so wird die italienische Zeitung Il Fatto Quotidiano zitiert. Dies wurde als Versuch gewertet, die öffentliche Meinung vor der Europawahl 2024 zu beeinflussen.22,23

Karlspreis:

Am 29. Mai 2025 erhielt Ursula von der Leyen in Aachen den Karlspreis. „Für ihre Verdienste um die Einheit der Mitgliedstaaten, die Eindämmung der Pandemie, die Geschlossenheit des Verteidigungswillens gegen Russland und die Impulse zum Green Deal (…)“.24

Misstrauensantrag gegen EU-Kommission:

Am Donnerstag, den 10. Juli 2025 hat sich die EU-Kommission, unter der Leitung von Ursula von der Leyen der Abstimmung über einen Misstrauensantrag gestellt. Eingebracht wurde er von dem rumänischen EU-Abgeordneten Gheorghe Piperea aus der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer.25 Unterstützt wurde er von mindestens 72 Abgeordneten. Das ist die erforderliche Mindestanzahl, ein Zehntel der 720 Parlamentarier. Der Kommission werden Intransparenz und Missmanagement vorgeworfen, vor allem bezüglich des „Pfizergate“. Für eine erfolgreiche Abstimmung wäre eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich gewesen. Der Antrag ist jedoch gescheitert. 175 Abgeordnete stimmten dafür, 360 Parlamentarier stimmten gegen den Misstrauensantrag, 18 enthielten sich.26

Netzwerke & Grafiken

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Heiko von der Leyen

Wissenschaftlicher Hintergrund:

Prof. Dr. Heiko von der Leyen, 1955 geboren, ist Mediziner und Ehemann von Ursula von der Leyen, der Präsidentin der Europäischen Kommission. Er wurde in Pharmakologie, Innerer Medizin und Kardiologie an der Universität Hamburg und der Medizinischen Hochschule Hannover ausgebildet. Von der Leyen absolvierte einen dreijährigen Forschungsaufenthalt am Falk Cardiovascular Research Center in Stanford mit dem Schwerpunkt kardiovaskuläre Gentherapie und wurde von 1995 bis 1996 als Junior-Fakultätsmitglied in die Abteilung für kardiovaskuläre Medizin der Stanford University berufen. Von 1998 bis 2005 hatte er mehrere leitende Positionen in der Biotechnologiebranche mit Schwerpunkt auf der klinischen Entwicklung von Arzneimitteln für neuartige Therapien (Gentherapie, DNA-Medizin)27. 2005 gründete er gemeinsam mit der Medizinischen Hochschule Hannover und Hannoverimpuls GmbH das Hannover Clinical Trial Center GmbH (HCTC) und übernahm die Geschäftsführung bis 2020. Das HCTC spezialisiert sich auf klinische Forschungsstudien.28 Seit September 2020 ist Heiko von der Leyen Medizinischer Direktor des US-Biotech-Unternehmens Orgenesis Inc.29 und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Unternehmens,30 das sich auf Zell- und Gentherapien spezialisiert hat.

Das Biotech-Unternehmen Orgenesis:

Orgenesis Inc., mit Hauptsitz in den USA, ist spezialisiert auf Zell- und Gentherapien, das heißt unter anderem mRNA-Technologien.

Tochterfirmen von Orgenesis

Seit dem Antritt von der Leyens bei Orgenesis Inc. sind mehrere Tochter-gesellschaften entstanden:

  • Orgenesis Switzerland S.A.R.L (Oktober 2020)31
  • Orgenesis Austria (2021)32
  • Mida Biontech Niederlande (2020)33
  • Orgenesis Germany (März 2021)
  • Orgenesis Italy (Januar 2022)34

Zuschüsse und Geschäftsführer der Tochterfirmen:

1) Orgenesis Germany

Das Tochterunternehmen in Deutschland wurde im März 2021 gegründet. Geschäftsführer ist seit 2022 Heiko von der Leyen.35

2) Theracell Griechenland

Das Unternehmen Theracell beschloss schon 2019 ein Joint Venture mit Orgenesis. 2021 bekam es einen Zuschuss der griechischen Regierung in Höhe von 32 Millionen Euro, da es als „Priority Investment of Strategic National Importance“ eingestuft wurde.36 Zusätzlich erhielt die Firma Steuerbefreiung, Eigenkapitalfinanzierung und Anleihefinanzierung.
Die Investition kam jedoch nie wie geplant zustande. Stattdessen kaufte die US-Mutterfirma Orgenesis Inc. die restlichen 50 Prozent des Unternehmens im Juni 2024 für 13 Millionen Dollar.37 De facto muss Orgenesis Inc. jedoch nur 2,7 Millionen Dollar zahlen, da Theracell mit rund 10 Millionen Dollar bei Orgenesis Inc. verschuldet ist. Warum hat Orgenesis das verschuldete Unternehmen aufgekauft? Im Jahr 2024 bekam Theracell zudem eine Förderung von 41.400 Euro aus dem EU-Rahmenprogramm für Innovation und Forschung.

3) Mida Biontech Niederlande

Das Tochterunternehmen von Orgenesis in den Niederlanden, gegründet 2020, bekam 2022 Fördermittel aus dem EU Fond Horizonte in Höhe von rund 1,2 Millionen Euro für das Projekt AIPSC – AI-POWERED PLATFORM FOR AUTOLOGOUS IPSC MANUFACTURING.38 Auf der Webseite der EU steht dazu: „Induzierte pluripotente Stammzellen (iPSC) sind in der Lage, zu jeder beliebigen menschlichen Zelle heranzureifen und können transplantiert werden, ohne abgestoßen zu werden. Sie ermöglichen die Entwicklung einer unbegrenzten Quelle für jede Art von menschlichen Zellen, die für therapeutische Zwecke benötigt werden.“ Mida Biontech Niederlande arbeitet mit Orgenesis Italy zusammen.39

4) Orgenesis Italy

Die Universität Padua hat im Juni 2022 das Nationale Forschungszentrum „Entwicklung von Gentherapie und Arzneimitteln mit RNA-Technologie“ aufgebaut, finanziert durch EU-Fördermittel,40 konkret 320 Millionen Euro. Die Mittel stammen auf dem „Next Generation EU“: COVID‑19-Aufbaupaket“, beschlossen im Mai 2020.41 Beteiligt als Gründer an diesem Projekt war unter anderem Orgenesis Italy, eine der Firmen, die als Aufsichtsrat fungieren sollte. Repräsentant von Orgensesis war zu dieser Zeit: Heiko von der Leyen.42 Orgenesis Italy erhielt rund 383.000 Euro aus dem EU-Zuschuss.43 Die gesamte Summe des Covid-19-Aufbaupakts beträgt 750 Milliarden Euro (zum Vergleich: Der Bundeshaushalt 2025 beträgt rund 500 Milliarden Euro). Interessant ist: Zwischen dem 14. Januar und 14. Oktober 2022 besaß Orgenesis Italy eine Gründungslizenz, die aber inaktiv war und keine Rechnungen stellen konnte.44 Doch trotz der Inaktivität konnte das Unternehmen an der Ausschreibung für die EU-Gelder teilnehmen und wurde ausgewählt. Rosario Rizzuto, ehemaliger Rektor der Universität Padua und einer der Verantwortlichen, angesprochen auf Heiko von der Leyen, sagte: „Wir wussten nicht, dass er der Ehemann von Ursula von der Leyen ist. Wir haben es erst später erfahren“.45

Am 26. Oktober 2022 schrieb die italienische Parlamentarierin Francesca Donato einen Brandbrief46. Ihr Vorwurf: Es entstünden Interessenkonflikte, da Orgenesis Italy (Repräsentant Heiko von der Leyen) von EU-Geldern profitiere. Die EU-Präsidentin ist seine Ehefrau Ursula von der Leyen. Heiko von der Leyen trat noch im selben Monat von seinem Posten bei Orgenesis Italy zurück.47

Quellen

Autor

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