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Solidarität, Alena Buyx und der Wellcome Trust

Alena Buyx, bis 2024 Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, wird ab 28. August 2025 Co-Moderatorin der Wissenschaftssendung „Nano Talk“ bei 3sat. Aufgrund ihrer Expertise als Medizinethikerin. Interessant: Buyx hatte sich für eine Covid-Impfpflicht ausgesprochen und für ihre Studien profitiert sie unter anderem von Fördermitteln pharmanaher Institutionen. Zum Thema Solidarität, massiv während der Covid-Zeit missbraucht, hat Buyx bereits 2011 als Co-Autorin ein Buch veröffentlicht. Camilla Hildebrandt im Gespräch mit der Wissenschaftsjournalistin Cornelia Stolze.

Solidarität, Alena Buyx und der Wellcome Trust
Alena Buyx auf der Re:publica (@ IMAGO/dts)

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Solidarität in Zeiten einer Pandemie

Am 01. April 2020 begann an der Technischen Universität München, Institut für Geschichte und Ethik der Medizin, das Projekt „Solidarität in Zeiten einer Pandemie“[1] – Was machen Menschen und Warum“, kurz SolPan. Projektleitung des Teams in München: Prof. Dr. med. Alena Buyx. Inhalt:

„SolPan ist eine multinationale qualitative Interviewstudie, initiiert von der Forschungsgruppe „Zeitgenössische Solidaritätsstudien der Universität Wien, mit Beteiligung von Alena Buyx (…).[2] Sie untersucht die Motive und Werte, die Menschen während der Corona-Pandemie zu solidarischem Verhalten bewegt haben.“

Finanziert wurde das deutsche Team mit Fördergeldern des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Und für das Gesamtprojekt gab es zudem Gelder vom britischen Wellcome Trust.

„Das beträchtliche Vermögen der Stiftung von insgesamt 45,77 Milliarden Euro“ so schreibt es Cornelia Stolze in ihrem Artikel für die Welt, „steckt zu einem großen Teil in Unternehmen, die Covid-19-Impfstoffe, -Medikamente und -Diagnostika herstellen. Darunter Roche, Novartis, Abbott, Siemens, Johnson & Johnson.“[3]

Solidarität als Druckmittel

Während sich die ganze Welt folglich in der Anfangsphase einer später von der WHO ausgerufenen Pandemie befand, – zur Erinnerung: der erste Lockdown in Deutschland war im März 2020 –  beschäftigten sich Alena Buyx und ihre europäischen Kollegen bereits damit, wie man Solidarität während einer Pandemie erzeugen kann. Der Begriff Solidarität wurde später, mit der Covid-Impfung, zum Argument für die Einteilung in Gut und Böse. „Impfen ist Nächstenliebe“, stand z.B. auf Plakaten vieler Kirchengemeinden.[4] Und Sport Sky sendete am 25. Oktober 2021 eine Mitteilung von Alena Buyx an Fußballer Kimmich, Titel: „Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, hofft, dass sich Joshua Kimmich doch noch für eine Corona-Impfung entscheidet“:

„Es wäre einfach toll gewesen, wenn er seine Plattform genutzt hätte, und dann auch in der Hinsicht ein Vorbild zu sein.  Erstmal kommt es darauf an, dass man aufklärt und erklärt, dass es diese Form von Langzeitwirkungen nicht gibt (…). Und (…) wenn er sich nochmal gut beraten lässt und dann auch zur Impfung entscheidet. Das ist nicht nur für ihn selber eine gute Sache, sondern auch für seine Mannschaft, für seinen Verein und letztlich für uns alle. Jede Impfung zählt.“ [5]

Cornelia Stolze: „Da ging es um Solidarität und, ich zitiere, „Bereitschaft der Bevölkerung, erlassene Maßnahmen zu befolgen“. Mich erinnert das auch an dieses Strategiepapier, das als Panikpapier bezeichnet wurde, und ebenfalls im Frühjahr 2020 an die Öffentlichkeit gekommen ist; man weiß, dass es dabei darum ging, Folgebereitschaft herzustellen. Das heißt, man bohrt sich in die Psyche der Bevölkerung und schaut, an welchen Schrauben und Knöpfen kann ich drehen und drücken, damit die Leute mitmachen. Das finde ich schon sehr erstaunlich, weil zu diesem Zeitpunkt, hieß es eigentlich noch in der Bevölkerung und angeblich auch in der Wissenschaft, man könne gar nicht wissen, wie sich das entwickelt. Man war im Grunde paralysiert durch die Meldungen und Bilder von Bergamo. Aber Frau Buyx hat sich schon damit befasst, wie man Solidarität in der Gesellschaft erzeugen kann und Bereitschaft, erlassene Maßnahmen zu befolgen.“

Seherische Fähigkeiten

Im April 2020 begann also das Projekt „Solidarität in Pandemiezeiten“, das bedeutet, dass vermutlich schon Monate vorher dafür der Antrag gestellt, Gelder gesammelt und Kollegenteams zusammengestellt wurden.

Cornelia Stolze: „Das ist schon sehr erstaunlich, diese fast seherischen Fähigkeiten. Und diese gehen sogar noch weiter zurück. Denn Frau Buyx hat zum Beispiel im Jahr 2016 ein Buch gemeinsam mit ihrer Kollegin Barbara Preinsack von der Universität Wien veröffentlicht, unter dem Titel „Das Solidaritätsprinzip“. Hier gibt es bestimmte Stichworte, die auch in dieser Pandemie immer wieder aufgetaucht sind, zum Beispiel das Schlagwort `Impfen ist sicher, wirksam und solidarisch´. Diese Losung Solidarität wurde extrem häufig eingesetzt. Es war ein Hebel, mit dem man ansetzen konnte in der Bevölkerung und der auch sehr intensiv genutzt wurde, um Druck auszuüben, um sozusagen innerhalb der Bevölkerung die gegenseitige Bereitschaft herzustellen und die Leute zur Impfung zu treiben.“ 

Fördergelder von pharmanahen Unternehmen

Alena Buyx Solidaritäts-Studien gehen noch weiter zurück. 2011: „Solidarische Überlegungen zu einem neuen Konzept in der Bioethik“, Autoren sind Alena Buyx und Barbara Preinsack,[6] gefördert durch den Nuffield Council, der unter anderem durch den Wellcome Trust finanziert wird.[7] 2012: „Solidarität in der zeitgenössischen Bioethik“, Autoren sind Buyx und Preinsack, Finanzierung: Wellcome Trust.[8] Der Wellcome Trust stellte ebenfalls Fördergelder für das Gesamtprojekt „Solidarität in Pandemiezeiten“ zur Verfügung. Er hat sein Vermögen aus dem damaligen Pharmaunternehmen Wellcome, so Cornelia Stolze.

Cornelia Stolze: „Das ist eine Stiftung, die sich als gemeinnützig ausgibt und Forschungsprojekte fördert. Unter anderem auch Pharmaunternehmen oder Diagnostikhersteller, die direkt davon profitieren können, wenn eine Pandemie wie Corona ausgerufen wird und massenhaft Tests eingesetzt werden und verkauft werden, genauso wie Impfstoffe. Das ist schwarz auf weiß belegt, dass es diese Investments gibt. Man kann es dem Geschäftsbericht des Wellcome Trust entnehmen.“

Für mehrere Publikationen, an denen sie beteiligt war, gab es Fördergelder vom Wellcome Trust, und auch ihre Mitarbeiter haben von den Geldern profitiert.9 | 10 | 11 | 12 | 13 | 14

Cornelia Stolze: „Sie hat an ihrem Institut an der Universität München mehrere Mitarbeiter, die auch wiederum Forschungsprojekte haben, und auch da lässt sich nachweisen, dass diese Forschungsprojekte teilweise vom Wellcome Trust mitfinanziert wurden. Das lässt sich schwarz auf weiß belegen und wurde auch nie in Frage gestellt.“

Einschüchterungsversuche

Alena Buyx hat 2021 schließlich massiv für die Impfung geworben, obwohl das genau nicht ihre Aufgabe gewesen wäre als Vorsitzende des Ethikrates. Ein Ethikrat sollte grundsätzlich ausgewogene Ratschläge geben. »Gibt es eine moralische Pflicht, sich impfen zu lassen? Ja!«, so Buyx in einem  Gespräch mit dem Magazin Spiegel im Februar 2021.[15] »Jede Dosis muss in einen Arm,« sagte sie wortwörtlich.

Die Veröffentlichung ihrer Recherchen in der Zeitung Welt über Alena Buyx ist nicht folgenlos geblieben, sagt Journalistin Cornelia Stolze:

Cornelia Stolze: „Es hatte insofern Konsequenzen, als dass ich nach dem Erscheinen meines Artikels, mit ungefähr einem Monat Verzögerung, ein Schreiben von der Pressesprecherin des Wellcome Trust bekommen habe, in dem sie behauptet hat, es seien mehrere Angaben in dem Artikel falsch und warum ich mich nicht an den Wellcome Trust gewendet hätte. All die Behauptungen in diesem Schreiben dieser Pressesprecherin waren falsch, die konnte und musste ich auch wiederlegen. Aber ich hatte durchaus im Vorfeld Kontakt aufgenommen zum Wellcome Trust, aber da hat sich keiner gerührt.“ 

Cornelia Stolze hat diesen Schreiben als Einschüchterungsversuch empfunden, denn es wurde auch an die Chefredaktion der Welt geschickt.

Cornelia Stolze: „(…) da ist man dann in der Pflicht, alles darzulegen; das ist zeitaufwendig, auf alle Fragen oder Anschuldigungen einzugehen. Ich konnte sie aber alle entkräften, und ab da war auch von dieser Seite aus Ruhe. Ich finde es aber dennoch sehr interessant, dass sich der Wellcome Trust so intensiv für Frau Buyx einsetzt, obwohl er ja nach Darstellung von Frau Buyx gar keine direkte Verbindung zu ihr hat. Besser gesagt, es war der Geschäftsführer des Ethikrats, der das so darstellen wollte, dass Frau Buyx keine direkten Verbindungen zum Wellcome Trust habe.

Stolze erhielt noch einen weiteren Brief, von einer Rechtsanwaltskanzlei, die Alena Buyx beauftragt hatte.

Cornelia Stolze: „Auch das musste ich haarklein widerlegen. Aber offenbar und glücklicherweise hat man dann auch von Seiten dieses Rechtsanwalts eingesehen, dass da nichts dran ist. Zum Glück hatte ich bei der Redaktion der Welt einen Juristen und auch einen Redakteur, der mich unterstützt hat. Das kann aber auch ganz anders laufen.

Solidarität in den „Internationalen Gesundheitsvorschriften“

„Gerechtigkeit“ und „Solidarität“ wurden übrigens als feste Grundsätze in die „Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV)“ aufgenommen. Im Gesetzesentwurf des IGV, am 16. Juli 2025 vom deutschen Bundeskabinett beschlossen, steht in Artikel 3:

„Die Durchführung dieser Vorschriften erfolgt unter uneingeschränkter Achtung der Würde des Menschen, der Menschenrechte und der Grundfreiheiten und fördert Gerechtigkeit und Solidarität.“[16]

Artikel 3, Internationale Gesundheitsvorschriften (IGV)

Die Änderungen im IGV sollen es der WHO und den Vertragsstaaten ermöglichen, so das Bundesgesundheitsministerium, „schneller und effizienter auf Pandemien und andere Gefahren für die öffentliche Gesundheit zu reagieren“.[17] Das Gesetz braucht noch die Zustimmung des Bundesrates.

Postenkarusell?

Alena Buyx ist aktuell Mitglied des Expertenrats „Gesundheit und Resilienz“ der Bundesregierung,[18] Mitglied des Aufsichtsrats der Charité, Mitglied des Kuratoriums der Bertelsmann Stiftung, Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina,[19] Mitglied im Wissenschaftsrat, dem Beratergremium für Bund und Länder,20] und am 1. Oktober 2024 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz für ihre Beratung in ethischen Fragen „besonders während der Corona-Pandemie“ geehrt.[21] Von 2019-2021 war sie zudem Mitglied des Beratenden Expertenausschusses der WHO für die „Entwicklung globaler Standards für die Steuerung und Überwachung der Bearbeitung menschlicher Genome“.22]

Cornelia Stolze: „Das ist ein Phänomen, was man immer wieder feststellen kann, dieses Postenkarussell, in dem immer wieder ähnliche oder dieselben Akteure auftauchen. Mal ist es der Expertenrat, mal ist es die Leopoldina. Häufig sind solche Funktionen auch gleichzeitig. Und die Personen, die dort auftreten, sind immer wieder in ähnlichen Gremien. Es erzeugt den Eindruck von Vielfalt, aber tatsächlich ist es so, dass die Akteure ein kleiner Kreis von sehr mächtigen Personen sind.“

Ab dem 28. August 2025 moderiert Alena Buyx zusammen mit der Journalistin Stephanie Rohde die wissenschaftliche Gesprächssendung „Nano Talk“ bei 3sat.23]

Alena Buyx & Wellcome Trust

(Grafik durch Anklicken vergrößern)

Autor

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ist studierte Romanistin und ausgebildete Radiojournalistin, arbeitet seit rund zwanzig Jahren für den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk, vorwiegend im Kulturbereich. Von 2013 bis 2020 war sie als Dozentin der DW Akademie für Journalismus in Bolivien, Guatemala, Brasilien, Libanon und Palästina unterwegs. Aufgrund der Bankrotterklärung des Journalismus berichtet sie seit 2020 über aktuelle Politik und Wissenschaft und kommentiert den Wandel der Gesellschaft.

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