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Polit-Paare

Lars Klingbeil und Lena-Sophie Müller: Steuermillionen für NGOs

Vor wenigen Tagen hat Bundesfinanzminister Lars Klingbeil die Deutschen auf „harte Entscheidungen“ eingestimmt.[1] Mit dem größten Schuldenpaket der Geschichte will die Bundesregierung in den nächsten Jahren zwar 500 Milliarden Euro in Infrastruktur und „Klimaschutz“ investieren. Gleichzeitig gibt es im Haushalt für 2027 aber eine Lücke von 30 Milliarden Euro – eine Lücke, die laut Klingbeil „gemeinsam“ geschultert werden müsse und bei der „alle“ ihren Beitrag leisten müssten. Für einen Bereich soll das allerdings nicht gelten: die üppige Finanzierung von NGOs. Davon profitiert unter anderem seine eigene Frau. Connections.news hat recherchiert.

Lena-Sophie Müller und Lars Klingbeil
Lars Klingbeil mit Ehefrau Lena-Sophie Müller (@ IMAGO/Future Image)

NGOs: „Schattenstruktur, die mit staatlichen Geldern indirekt Politik betreibt“?

Die Empörung war groß. Einen Tag nach der jüngsten Bundestagswahl am 24. Februar 2025 hatten CDU und CSU der noch amtierenden Regierung aus Grünen und SPD einen umfassenden Fragenkatalog zu staatlichen Fördergeldern für sogenannte Nichtregierungs-Organisationen (NGOs) geschickt. Der Verdacht: Die Regierung fördere gezielt NGOs, um die politische Stimmung im Land zu beeinflussen. Die politische Neutralität wurde in Frage gestellt. In der Kleinen Anfrage der CDU/CSU hieß es: „Manche Stimmen sehen in den Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eine Schattenstruktur, die mit staatlichen Geldern indirekt Politik betreibt.“ Laut einem Bericht der „Welt“ würden zahlreiche NGOs, die sich öffentlich politisch links positionieren, finanzielle Mittel aus Bundesministerien erhalten.[2]

„Ein Foulspiel“, wetterte der SPD-Chef Lars Klingbeil daraufhin gegen die Union.[3] Die Anfrage stelle Organisationen „an den Pranger, die die Demokratie schützen“. Noch etwas drastischer äußerte sich der Grünen-Politiker Sven Giegold. Die Anfrage sei „übergriffig“, es handele sich um einen „Einschüchterungsversuch“.[4] Der Ministerialapparat werde „missbraucht, um die Zivilgesellschaft zu überwachen“, so Giegold. Das Ganze erinnere ihn an „Methoden von Viktor Orbán und anderen autoritären Regimen“.

Klingbeils Ehefrau: seit 2014 Geschäftsführerin der NGO „D21“

Ein Blick auf die privaten Hintergründe von Klingbeil Aufschlussreiches. Die Ehefrau von SPD-Chef Klingbeil, der die NGO-Anfrage der Union so vehement kritisierte, leitet eine NGO, die ebenfalls Steuergeld kassiert. Ihr Name: Lena-Sophie Müller. Seit 2014 ist sie Geschäftsführerin der NGO „Initiative D21“, ein Verein, der laut Eigendarstellung die „digitale Transformation“ voranbringen will und „Deutschlands größtes gemeinnütziges Netzwerk für die Digitale Gesellschaft ist, das Akteur*innen aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft vereint“.[5]

Eine Idee aus den Reihen der SPD: Gerhard Schröder

Gegründet wurde die NGO bereits 1999 – auf Betreiben eines SPD-Funktionärs: dem Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder.[6] Mit von der Partie: der damalige Chef des amerikanischen IT- und Beratungsunternehmens IBM, Erwin Staudt. Rund 70 Gründungsunternehmen aus verschiedenen Branchen schlossen sich ihnen an und gingen dadurch eine „Partnerschaft mit der Politik“ ein, wie es auf der Webseite des Vereins heißt. Zielgruppe sei natürlich trotzdem, „die gesamte Gesellschaft“.

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Staatlich geförderte Lobbyorganisation

In Wirklichkeit ist die Initiative D21 eine Lobbyorganisation,[7] zu deren Mitgliedern eine lange Liste von Unternehmen wie Allianz, Capgemini, Deloitte und EY bis hin zu SAP und Techniker Krankenkasse zählt.[8] Unter den Förderern finden sich zudem der traditionell der SPD nahestehende Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die Metropolregion Rhein-Neckar, die Springer Nature Group und die Vodafone Stiftung Deutschland.

Neben Mitgliederbeiträgen und Spenden bezieht D21 seit Jahren beträchtliche Mengen an Steuergeld

1,6 Millionen Euro für #WirVsVirus-Projekte

Unter anderem profitierte der Verein in der Corona-Krise. Bereits im Mai 2020 stellte das Bundesforschungsministerium bis zu 1,6 Millionen Euro für sogenannte #WirVsVirus-Projekte bereit. Zuvor hatte vom 20. bis 22. März 2020 in Kooperation mit der Bundesregierung der sogenannte #WirVsVirus-Hackathon stattgefunden. Laut D21 der „bislang größte der deutschen Geschichte“. Knapp 30.000 Menschen kamen nach Angaben der NGO virtuell zusammen, „um den Auswirkungen der Corona-Krise gemeinsam entgegenzutreten“ und „an mutigen und innovativen Lösungen für die Krise“ zu arbeiten. Einer der Initiatoren des Hackathon: die Initiative D21.[9] Schirmherr des Events war Helge Braun, damals Chef des Bundeskanzleramts und rechte Hand von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Weitere finanzielle Unterstützung bei ihren #WirVsVirus-Projekten erhielten die Initiative D21 und ihre Mitstreiter vom „Vodafone Institut für Gesellschaft und Kommunikation“, der „BMW Foundation Herbert Quandt“ und Google.

Zuschüsse der öffentlichen Hand

Doch auch von anderen Bundesministerien fließen Fördermittel. Laut dem Lobbyregister des Deutschen Bundestags bezog D21 allein in den Jahren 2022 bis 2024 rund 500 Millionen Euro an “Zuwendungen oder Zuschüsse der öffentlichen Hand”. Die Summe der Zuschüsse vor 2022 sind nicht öffentlich dokumentiert, weder auf der Seite von D21, noch im Lobbyregister. Es liegt jedoch nahe, dass D21 ähnliche Summen der Ministerien – jährlich ca. 130.000 bis 190.000 Euro – auch in den Jahren davor erhalten hat, da es sich um projektbezogene Fördergelder handelt.
Ein paar Beispiele: 2023 bezuschusste Nancy Faeser (SPD), damals Chefin des Bundesinnenministeriums, eine Veranstaltung von D21 mit einem Betrag „zwischen 40.000 und 50.000 Euro“.[10] Über mehrere Jahre gefördert wurde die NGO zudem von Robert Habeck (Grüne), der damals das Bundeswirtschaftsministerium leitete, bei der Erstellung des „D21-Digital Index“. Die jährlich erscheinende Studie liefert laut Eigendarstellung der NGO regelmäßig das „Lagebild zur Digitalen Gesellschaft in Deutschland“. Wiederholt bewarb Habeck den so finanzierten „D21 Digital-Index höchstpersönlich.[11],[12] Die aktuelle Förderung für den „D21-Digital-Index 2024/2025“ liegt bei rund 80.000 Euro.[13]
Die NGO führt im Gegenzug das Bundeswirtschaftsministerium auf seiner Webseite als „Premiumpartner“ auf. Die Bertelsmann Stiftung gehört wie Microsoft und die Barmer Krankenversicherung dagegen nur zu den „Classic Partner*innen“ von D21. Auf dem dritten und letzten Rang, den „Unterstützer*innen“, findet sich neben Telekom und KPMG das Bundesfamilienministerium.

Wenn die NGO-Chefin offizielle Beraterin des Ministeriums ist, von dem sie seit Jahren Geld erhält

Klingbeils Ehefrau Lena-Sophie Müller wiederum ist stellvertretendes Mitglied im „Beirat Junge Digitale Wirtschaft“ des Bundeswirtschaftsministeriums.[14] Das Gremium, das seit 2013 existiert, berät laut offizieller Mitteilung die Bundesministerin oder den Bundesminister „aus erster Hand zu aktuellen Fragen der digitalen Transformation“.[15] Lena-Sophie Müller ist also nicht nur die Frau des Finanzministers, der für die Ausgaben der Bundesregierung zuständig ist. Sie ist auch Beraterin jenes Bundesministeriums, von dem ihre NGO regelmäßig Geld erhält.

Seit 2019 auch Beraterin des Bundesverteidigungsministeriums

Doch damit nicht genug. Lena-Sophie Müller berät seit mehreren Jahren auch das Bundesverteidigungsministerium (BMVg). 2019 wurde sie als eines von sechs ständigen Mitgliedern in den „Digitalrat des BMVg“ berufen. Eines der Ziele des Rats, der laut BMVg „ein unabhängiges Gremium sein soll“: der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in Fragen der Digitalisierung zur Seite zu stehen.[16] Konkret ging es bei der Schaffung des Gremiums vor allem um die Bundeswehr. Deren Vertreter sollten die Möglichkeit bekommen, ihre eigenen Ansätze und Bestandteile der Digitalen Transformation „mit externen Playern zu diskutieren“.

Pikant daran: Zum Zeitpunkt der Berufung der D21-Chefin Müller in den Digitalrat des Verteidigungsministeriums saß ihr heutiger Ehemann, Lars Klingbeil, als stellvertretendes Mitglied im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestags. Von 2013 bis 2017 war er dort bereits Mitglied gewesen, ebenso wie im Bundestags-Ausschuss Digitale Agenda. Beide Mitgliedschaften führte er bis ins Jahr 2025 fort, wenn auch ab 2017 jeweils in stellvertretender Funktion.[17]

Netzwerk Müller - D21 - Klingbeil

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