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Kommentar

„Die Mutter aller Fragen“

Am 30. Juni 2025 erreichte eine weitere einstige „Verschwörungstheorie“ nun endlich auch die Öffentlich-Rechtlichen. Unter dem Titel „Corona-Pandemie: War doch ein Laborunfall der Auslöser?“ berichtete der Sender 3sat1 darüber, wie das Sars-Cov-2-Virus mit recht hoher Wahrscheinlichkeit in einem Labor in Wuhan entstand – und dass es verdächtig jenem Bauplan für ein Corona-Virus glich, inklusive Manipulation des Spikeproteins, für das Ralph Baric von der University of North Carolina ein Patent besitzt.

Kommentar von Volker Rekittke

Auf der Suche nach dem Ursprung des Corona-Virus
Der Herkunft des Virus auf der Spur (@Adobe Stock | khadim)

Der staunende Zuschauer erfuhr dabei auch, dass Ralph Baric und Peter Daszak, letzterer von der Nichtregierungsorganisation „EcoHealth Alliance“, bereits 2018 bei der DARPA, der Forschungsabteilung des Pentagon, einen Forschungsantrag einreichten, in dem bis ins Detail eine komplette Bauanleitung des Sars-Cov-2-Virus zu finden ist. Die DARPA lehnte die Finanzierung zwar seinerzeit wegen Sicherheitsbedenken ab2, doch Daszak besorgte sich das Geld dann über – Anthony Fauci, bis 2022 Direktor des „National Institute of Allergy and Infectious Diseases“ (NIAID)3. Also über jenen Mann, der unter zwei US-Präsidenten für die Bekämpfung des Corona-Virus zuständig war – und der ein großer Fan der hochriskanten Gain-of-Function-Forschung ist, der künstlichen Beschleunigung von Mutationsprozessen von Bakterien oder Viren im Labor, die dadurch für Menschen gefährlicher werden.

Die Spur zur Herkunft des Corona-Virus führt also keineswegs nur nach China, wie US-Präsident Donald Trump („China-Virus“) vor dem Hintergrund des Handels- und vielleicht irgendwann heißen Krieges mit dem asiatischen Konkurrenten hinausposaunt. Sie führt zugleich in die Forschungslabore und zu höchsten Regierungsbeamten der Vereinigten Staaten. Und womöglich auch nach Deutschland.
Ein künstlich hergestelltes, noch dazu hoch ansteckendes Corona-Virus aus einem chinesischen Labor, unter Beteiligung von US-Forschern oder zumindest mit US-Know-how entstanden und mit US-Geld finanziert – war das der eigentliche Grund4 für die Risikohochstufung des RKI Mitte März 2020 von „mäßig“ auf „hoch“5, die so ähnlich in vielen Ländern weltweit stattfand? Kam deshalb im Kanzleramt Panikstimmung auf? Was wussten die Geheimdienste rund um den Globus über diesen folgenschweren Laborunfall?

Der Bundesnachrichtendienst (BND) jedenfalls kam bereits im ersten Pandemiejahr 2020 zu der Erkenntnis: „Laborunfall als Ausgang der Corona-Pandemie“, so berichteten „Süddeutsche Zeitung“6 und „Zeit“ fünf Jahre später, am 12. März 2025. Den Zeitungen zufolge unterrichtete BND-Präsident Dr. Bruno Kahl noch in der Regierungszeit von Kanzlerin Angela Merkel persönlich das Bundeskanzleramt. Das habe allerdings entschieden, die brisante Einschätzung unter Verschluss zu halten.
Warum?

Und warum unterschrieb der in Medien und Ministerpräsidentenrunden omnipräsente Virologe Christian Drosten bereits am 7. März 2020 (!) einen in „The Lancet“ veröffentlichten Brief von Wissenschaftlern (darunter wiederum: Peter Daszak), in dem Zweifler an der Zoonose-Theorie („Corona brach auf einem Wildtiermarkt in Wuhan aus“) als Verschwörungstheoretiker abgestempelt wurden? In dem Brief werden “Verschwörungstheorien” zum Labor-Ursprung aufs schärfste verurteilt: „We stand together to strongly condemn conspiracy theories suggesting that COVID-19 does not have a natural origin.”7 Das erinnert an die Inquisition, nicht an einen wissenschaftlichen Diskurs.

Einer der Zweifler war der Hamburger Professor Roland Wiesendanger. Der Nanowissenschaftler kam am 18. Februar 2021 in einer Studie zu dem Ergebnis, „dass sowohl die Zahl als auch die Qualität der Indizien für einen Laborunfall am virologischen Institut der Stadt Wuhan als Ursache der gegenwärtigen Pandemie sprechen“.8
Danach gab es immer mal wieder Berichte zur umstrittenen Ursprung des Virus, die von den Leitmedien, zumal in Deutschland, jedoch argwöhnisch beäugt und beiseitegeschoben wurden. Das änderte sich 2024, als etwa in der „New York Times“ am 3. Juni 2024 eine wissenschaftliche Spurensuche veröffentlicht wurde: „Why the Pandemic Probably Started in a Lab“9, sogar der “Spiegel”10 brachte am 23. Juli 2024 einen Artikel voller Indizien pro Lab-Leak: „Fauci unter Feuer“.

Endlich orakelte selbst Christian Drosten in der „taz“11, wenn auch erst am 24. Januar 2025: „Je mehr Zeit vergeht, desto skeptischer werde ich.“ Eine mögliche Erklärung wäre eben auch, „dass da gar kein natürliches Virus war“. Die deutsche Politik möge doch endlich von China fordern, „jetzt wirklich zu beweisen, dass es [das Virus] aus der Natur kommt“. Das darf als langsames Zurückrudern interpretiert werden – ohne dabei den Fingerzeig nach Fernost zu vergessen: China ist schuld!

Dabei zeigten schon länger etliche Spuren in die USA. Die deutsche Journalistin Aya Velázquez führte 2024 mehrere Interviews12 über Hinweise auf die künstliche Herstellung des SARS-CoV-2-Virus im Labor. Viele Monate vor dem 3sat-Bericht (und ohne einen Cent Finanzierung über Rundfunkgebühren) tauchten bei der freien Journalistin bereits die Namen von Anthony Fauci, Peter Daszak und Ralph Baric auf.

Die Bundesregierung hielt bis zuletzt – ungeachtet der sich verdichtenden Hinweise auf einen Labor-Ursprung – an der Zoonose-Theorie fest, jedenfalls offiziell und nach außen. Übrigens auch gegenüber dem Parlament, wo 2024 BSW und AfD etliche Anfragen zum Thema stellten. Intern wusste man es längst besser – wie vermutlich auch Christian Drosten und mancher Hauptstadtjournalist. Dennoch hielten alle dicht, bis die Veröffentlichungen in den USA unter der Trump-Regierung auch in Deutschland ein langsames Umsteuern nötig erschienen ließen. Am 4. Dezember 2024 legte der US-Senat einen 520 Seiten starken Bericht vor: „COVID-19 most likely emerged from a laboratory in Wuhan, China.”13

Interessant ist indes jener Teil einer Antwort der Bundesregierung vom 7. Oktober 2024 auf eine Anfrage der AfD „Zur Evaluation der Hypothese vom Laborunfall als Auslöser der Corona-Pandemie“14: „Eine weitergehende Beantwortung ist mit Verweis auf den berührten geschützten Aufgabenbereich internationaler Zusammenarbeit der Bundesregierung zur Gewährleistung eines wirksamen Staats- und Verfassungsschutzes nicht möglich.“

Um den Ursprung des Corona-Virus15 ging es auch am 21. März 2025 in der letzten parlamentarischen Anfrage des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das bei der Bundestagswahl Ende Februar knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert war. Die 16 Fragen (etwa, wann Merkel und Scholz über die BND-Erkenntnisse unterrichtet wurden) sind bis heute unbeantwortet – die alte Bundesregierung fühlte sich nicht mehr zuständig, die neue offenbar noch nicht.

Unlängst beschloss nun die Koalition aus CDU und SPD die Einsetzung einer Enquetekommission zur Corona-Aufarbeitung, der von AfD und BSW geforderte Untersuchungsausschuss ist damit erstmal vom Tisch. Damit war eine Christdemokratin ganz und gar nicht einverstanden, nicht zuletzt, weil sie den Ursprung des Corona-Virus gründlich untersucht wissen will. „Stammt das Corona-Virus aus einem Labor? Bis heute wird die deutsche Bevölkerung darüber vollständig im Unklaren gelassen“, kritisiert die CDU-Bundestagabgeordnete Saskia Ludwig16 den Koalitionsbeschluss: „Die BND-Papiere, die seinerzeit vom Bundeskanzleramt in Auftrag gegeben wurden, konnten bislang von den Mitgliedern des Deutschen Bundestags nicht gesichtet werden.“ Damit, so Ludwig, werden den Volksvertretern elementare Informationen vorenthalten – zur „Mutter aller Fragen“, dem Ursprung des Corona-Virus.

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Autor

Volker Rekittke

Volker Rekittke, Jahrgang 1967, ist Journalist in Tübingen und schreibt unter anderem über Wirtschafts- und Gesundheitspolitik. Von 2005 bis 2024 war er Redakteur beim Schwäbischen Tagblatt. Ab Ende 2021 hat er intensiv zu Corona und speziell Impfnebenwirkungen gearbeitet. Als Wissenschaftlicher Mitarbeiter einer BSW-Abgeordneten beschäftigte er sich zuletzt unter anderem mit der Corona-Aufarbeitung. 2023 schloss er an der Universität Tübingen eine politikwissenschaftliche Promotion ab.

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