Urteil im Ballweg-Prozess: Eine Ohrfeige für die Staatsanwaltschaft
Im Strafverfahren gegen den Querdenken-Gründer spricht das Landgericht Stuttgart den Angeklagten in wesentlichen Punkten frei. Schuldig gesprochen wird er wegen Steuerhinterziehung in Höhe von 19,53 Euro. Freispruch und Schuldspruch zugleich? Teil-Freispruch und Teil-Schuldspruch? Schuldig oder unschuldig, was nun?
Gast-Kommentar von Thomas Moser

Das Urteil im Prozess gegen Michael Ballweg erschien auf den ersten Blick widersprüchlich. Es ermöglichte den einen zu vermelden, der Angeklagte sei wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden. Ballwegs Verteidigung sprach von einem kompletten Freispruch. Die Staatsanwaltschaft hält an ihrer Meinung fest, Ballweg trage keine geringe Schuld.
Langsam beginnt aber erkannt zu werden, was dieses Urteil ist: Ein Dokument eines politisch-motivierten Prozesses, in dem eine verantwortungsvolle Strafkammer unter politischem Druck nach der Wahrheit suchen musste und nun denjenigen den Spiegel vorhält, die den Corona-Kritiker und Demo-Organisator Michael Ballweg in großem Maße vorverurteilt haben.
Schuldig in zwei Fällen einer vollendeten Steuerhinterziehung in Höhe von insgesamt 19,53 Euro
Nach zehn Monaten Prozessdauer und 44 Sitzungstagen hat das Landgericht Stuttgart folgendes Urteil gesprochen:
Erstens: Michael Ballweg wird vom Vorwurf des versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges in 9450 Fällen freigesprochen. Dass er seine eigenen Querdenken-Anhänger planmäßig betrogen und 576.000 Euro in die eigene Tasche gesteckt haben soll, sah das Gericht nicht. Im Gegenteil: Die Beweisaufnahme ergab für das Gericht, dass die gespendeten Gelder maßvoll und bewusst für Querdenken-Aktivitäten und Querdenken-Aktivisten ausgegeben worden waren.
Zweitens: Auch vom Vorwurf der Steuerhinterziehung in seinem privaten Steuerfall, sprich: Einkommenssteuer, wurde Ballweg freigesprochen. Schuldig sprach ihn das Gericht, drittens, in ganzen zwei Fällen einer vollendeten Steuerhinterziehung in Höhe von insgesamt 19,53 Euro, die seine IT-Firma betraf. Sowie in drei Fällen einer versuchten Steuerhinterziehung, ebenfalls bei seiner IT-Firma in Höhe von 2072,85 Euro.
Es lohnt sich den Schuldspruch genauer anzuschauen. Laut Gericht hat der Steuerberater von Ballweg konkret einmal 11,42 Euro und einmal 8,11 Euro hinterzogen, indem er „unberechtigt Vorsteuer“ bei der Umsatzsteuer der Ballweg-Firma geltend gemacht und Ballweg das zugelassen habe. Die „versuchte“ Steuerhinterziehung bezieht sich auf die Jahressteuererklärungen und Beträge in Höhe von 23.85 Euro, 1033 Euro und 1016 Euro, zusammen also 2072,85 Euro.
Eine Summe von 19,53 Euro, bei einer Firma, die jährliche Umsätze im sechsstelligen Bereich machte, führte also zum (Teil-)Schuldspruch des Querdenken-Gründers. Das ist keine wirkliche Straftat, das ist nicht einmal ein „Tätchen“. Hinzu kommt, dass eine der nominellen Steuerhinterziehungen in einen Zeitraum Anfang 2020 vor die Corona-Epidemie fiel. Doch erst nach den Anti-Corona-Kundgebungen, die Ballweg ab April 2020 in Stuttgart organisierte, fiel dem Finanzamt auf einmal ein angebliches Steuervergehen auf. Bis dahin hatte der Unternehmer Ballweg jedes Jahr unbeanstandet seine Steuern deklariert und bezahlt.
Das Ergebnis dieser „Schuld-Feststellung“ ist kurioserweise Ausdruck der akribischen Arbeit der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart. Beziehungsweise besser: Ausdruck der Willkür der Anklageschrift, mit der das Gericht gezwungen war umzugehen. Denn wenn eine Anklagebehörde Selbstverständlichkeiten zu kriminellen Taten erklärt und ein verantwortungsvolles Gericht die Vorwürfe genau untersucht, kommt eben so etwas heraus. Und wenn festgestellt wird, dass eine Tat 19,53 Euro umfasst, muss man sie auch sanktionieren. Dass die Kammer nun genau das getan hat, ist die Quittung für diese Zumutung. Sie hält der Staatsanwaltschaft und allen, die die Vorverurteilung Ballwegs mittrugen, den Spiegel vor. Es ist eine Blamage für den real-existierenden Rechtsstaat.
Urteil wegen „sehr geringer Schuld am untersten Rand der Sanktionsmöglichkeiten“
Als Strafe für diese Steuerhinterziehung und die versuchte Steuerhinterziehung verhängt das Gericht lediglich eine „Verwarnung“, verbunden mit einer angedrohten Geldstrafe in Höhe von 3000 Euro, die ein Jahr zur Bewährung ausgesetzt wurde. Für die 279 Tage U-Haft wird Ballweg entschädigt. Sein beschlagnahmtes Vermögen in Höhe von 331.000 Euro wird freigegeben, zusätzlich bekommt er Schadensersatz. Die Kosten für das Verfahren muss er, soweit er steuerrechtlich verurteilt wurde, selbst tragen. Die Kosten des Betrugsverfahrens übernimmt, weil er freigesprochen wurde, die Staatskasse.
Zweigeteilte Kosten des Verfahrens – das ist der nächste bizarre Punkt dieses mutwilligen Strafverfahrens. Denn wie will man auseinanderhalten, wo steuerrechtliche Fragen verhandelt wurden und wo die Betrugsfrage? Zumal der Sprecher des Landgerichts auf die Frage nach den Kosten des Verfahrens erklärte, man könne sie nicht konkret beziffern oder „eins zu eins“ erfassen, etwa Gehälter der Richter und Justizbeamten. Er wollte sich nicht einmal auf eine Größenordnung festlegen. Die Kosten sollen in einem eigenen Verfahren geklärt werden.
Beide Seiten – Ballweg und die Staatsanwaltschaft – haben eine Woche Zeit, um Revision einzulegen. Die Staatsanwaltschaft hat daran ein größeres Interesse als Ballweg. Beide Seiten haben aber noch keine Entscheidung getroffen.
Die Vorsitzende Richterin sprach von einem Urteil wegen „sehr geringer Schuld am untersten Rand der Sanktionsmöglichkeiten“. Verständlich wird es nur vor dem politischen und gesellschaftlichen Spannungsfeld, in dem das Verfahren von Anfang stand: Die anhaltenden Kontroversen um die Corona-Jahre mit den umstrittenen Maßnahmen sowie den bundesweiten Protesten dagegen.
Verfahren war politisch motiviert
Dass das Verfahren politisch-motiviert gewesen sei, wird von der Staatsanwaltschaft, der Politik sowie etablierten Medien bis heute bestritten. Man könnte auch sagen, gerade von denen, die das Verfahren anstrengten und begrüßten. In ihrem Plädoyer am 22. Juli hatten die Anklagevertreter erklärt, der Angeklagte Ballweg habe sich mit seinem Umfeld als Opfer und Widerstandskämpfer gegen den Unrechtsstaat inszeniert. Er sei aber nicht als unbequemer Querdenker angeklagt, sondern weil er durch Täuschungen Schenkungen in Millionenhöhe erworben habe.
Tatsächlich hat die zehnmonatige Hauptverhandlung ergeben, dass gegen Ballweg vorgegangen wurde, weil er Proteste gegen die Corona-Maßnahmen organisierte. So war zunächst versucht worden, ein Verfahren wegen Geldwäsche gegen ihn zu betreiben. Weil der Verdacht aber nicht haltbar war, wurde der Begriff „staatsschutzrelevant“ hinzugefügt, womit das Verfahren dann gerechtfertigt werden konnte. Und „staatsschutzrelevant“ aus keinem anderen Grund als Ballwegs Aktivitäten gegen die Corona-Politik. Der Geldwäschevorwurf musste später fallengelassen werden, war aber entscheidend, um im Juni 2022 eine Hausdurchsuchung gegen Ballweg durchzuführen, an deren Ende seine Inhaftierung stand.
Noch einmal zwei Beispiele für die manipulative Vorgehensmethode der Staatsanwaltschaft Stuttgart. Sie behauptet, nach dem Gang der Hauptverhandlung „stehe fest“, dass Ballweg sich wegen „versuchten Betruges in 9450 Fällen“ strafbar gemacht habe. Tatsächlich hatten die Zeugenvernehmungen ergeben, dass von den 9450 Personen, die Schenkungen an Ballweg geleistet hatten, lediglich 1058 von den Ermittlern angeschrieben und um Antworten gebeten worden waren. Von diesen 1058 Angeschriebenen schickten 662 den Fragebogen zurück, darunter waren 68, die keine Angaben machten. Es blieben also ganze 594 Fälle, von denen man das Motiv für ihre Geldschenkung untersuchen könnte. Von denen wiederum habe „knapp ein Drittel verneint“, dass Ballweg das Geld auch privat habe verwenden dürfen. Das wären knapp 200 Fälle, aber nicht 9450.
Was sich die übergroße Mehrheit der Schenkenden dachte, weiß die Staatsanwaltschaft schlicht nicht. Befragt hat sie sie nicht. Lässt man außer Betracht, dass nach der Spendenlogik eine Mehrheit von zwei Dritteln eine private Verwendung der Spenden durch Ballweg akzeptiert hätte. Doch die Staatsanwaltschaft macht nun Folgendes: Sie sagt, es komme nicht darauf an, ob sich ein Spender betrogen fühlte oder nicht. Denn Ballweg habe ja alle betrügen „wollen“, es liege also ein allgemeiner Betrugsversuch in 9450 Fällen vor. Nur: Warum sollten dann überhaupt angebliche Betrugsopfer ermittelt werden? Das hätte sich die Staatsanwaltschaft ja sparen können. Die Antwort: Die Behörde braucht die allgemeine Betrugsunterstellung, weil sie konkret keine Betrogenen finden kann. Das ist nicht Nachweis-Strafrecht, sondern Willkür-Strafrecht.
Zweites Beispiel: Laut Anklagekonstrukt, wie es zu Prozessbeginn vorgelesen wurde, soll Ballweg von den Schenkungsgeldern 576.000 Euro (gerundet) in die eigene Tasche gesteckt, also veruntreut haben. Die Staatsanwaltschaft hat nie erklärt, wie sie auf diese Summe von 576.000 Euro gekommen ist. In ihrem Plädoyer tauchte diese Zahl dann nicht mehr auf. Stattdessen sprach die Staatsanwältin davon, es sei eine Summe von 549.000 Euro (gerundet) „anzunehmen“, die Ballweg unterschlagen haben soll. Auch diese Summe erklärte sie nicht. Sie sagte lediglich, es seien alle Ausgaben der Gesamtspendensumme belegt. Die Differenz sei die Betrugssumme. Tatsächlich ist sowohl das eine als auch das andere, Gesamteinnahmen wie Gesamtausgaben, schon unter den Ermittlern umstritten – wie die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung ergab.
Jedoch, um das Anklage-Chaos perfekt zu machen, gibt es noch eine dritte mögliche Summe, die Ballweg laut Staatsanwaltschaft zweckentfremdet haben soll. Im April 2025 sprach sie in einem Schriftstück an die Strafkammer von „zumindest 513.000 Euro“ (gerundet), die Ballweg anzunehmender Weise für sich verwendet habe. Sie operiert also mit drei verschiedenen Summen: 576.000, 513.000 und 549.000 Euro. Ausrufezeichen, Fragezeichen.
Das von der Staatsanwaltschaft angestrengte Gerichtsverfahren war die Fortsetzung des Corona-Regimes
Tatsächlich ist die absichtliche Konstruktion eines falschen Vorwurfes nicht nur kriminell, sondern auch politisch. Das von der Staatsanwaltschaft angestrengte Gerichtsverfahren war die Fortsetzung des Corona-Regimes.
Unmittelbar nach der Urteilsverkündung jetzt am 31. Juli begann auf der Pressekonferenz im Gerichtsgebäude, die eine Stunde in Anspruch nahm, bereits die Auseinandersetzung um die Deutung des Urteils. Auch das ein Zeichen für den politischen Hintergrund des Falles. Die Staatsanwaltschaft, die in ihrem Plädoyer drei Jahre Haft ohne Bewährung für Ballweg gefordert hatte, erklärte, sie vertrete weiterhin eine andere rechtliche Einschätzung als die Kammer, Ballweg trage „keine geringe Schuld“. Eine „Niederlage“ oder „Blamage“ will die Anklagebehörde in dem Urteil nicht sehen, sie habe lediglich ihre Aufgabe wahrgenommen, antwortete die Pressesprecherin auf eine entsprechende Journalistenfrage.
Michael Ballweg und seine insgesamt vier Verteidiger bezeichneten den Urteilsspruch nicht als (Teil-)Freispruch, sondern als „kompletten Freispruch“ und eine „maximal mögliche Niederlage für die Staatsanwaltschaft“. Dass eine Kammer einen (Teil-)Schuldspruch mit 19,53 Euro begründete, sei eine „Peinlichkeit für diesen Staat“, eine „groteske Nummer“. Die Verteidigung lobte aber die Strafkammer. Hätte sie nicht so gründlich gearbeitet, hätte es sein können, dass Ballweg zu Unrecht verurteilt werde.
Wenn das aber möglich war, dann ist es wieder möglich. Und dann stimmt etwas in der Konstruktion der real-existierenden BRD-Demokratie nicht. Dann haben wir vor uns eine Konstruktion, die Unschuldige nicht schützt, sondern potentiell bedroht. Auch deshalb muss der Fall politische Konsequenzen haben.
Es stimmt aber nicht nur der Rechtsstaat nicht mehr, sondern auch die öffentliche Kontrolle. Dass die manipulierte Anklage nicht so genannt und verurteilt wurde, liegt an Medien, die Regierungshandeln nicht mehr hinterfragen und im Falle Ballweg von Anfang an die Sicht der Exekutive übernahmen, Staatsanwaltschaft und Finanzamt.
Die tendenziöse Anklageschrift wurde von diesen Tendenzmedien geradezu bereitwillig angenommen und weiterverbreitet. Etwa die Stuttgarter Zeitung, die über Sitzungstage berichtete, ohne anwesend gewesen zu sein. Oder die ARD-Anstalt SWR, die nicht mehr unabhängig recherchiert, sondern sich als politisches Sprachrohr versteht.
Beispielsweise in dem sich der SWR wiederholt bei einer Volksbank erkundigte, ob dort immer noch Querdenken-Konten von Ballweg geführt werden, so lange bis die Bank dessen Konten kündigte. Das waren nicht etwa journalistische Nachfragen einer Rundfunkanstalt, sondern verklausulierte Einflussnahmen.
Die Richter der zehnten Wirtschaftsstrafkammer hatten wiederholt vorgeschlagen, das Verfahren bedingungslos einzustellen, womit ihnen erspart worden wäre, ein derart differenziertes und umständliches Urteil formulieren zu müssen. Noch unmittelbar vor Beginn der Plädoyers hatte die Vorsitzende Richterin die Beteiligten, Staatsanwaltschaft und Verteidigung, ein letztes Mal gefragt, ob sie sich nicht doch auf eine Einstellung des Verfahrens einigen könnten. Das scheiterte an den Ultimaten der Staatsanwaltschaft, die vom Angeklagten Ballweg ein gewisses Schuldeingeständnis, eine Geldauflage sowie den Verzicht auf Entschädigung für die neunmonatige Untersuchungshaft verlangte.
Am Ende ihrer über einstündigen Urteilsbegründung sagte die Vorsitzende Richterin einen Satz, der ihre Enttäuschung über diese Kompromisslosigkeit zum Ausdruck bringt, der aber auch als generelle Kritik an diesem Verfahren und seinen Hintergründen verstanden werden kann: „Zwei vollendete Steuerhinterziehungen in Höhe von insgesamt 19,53 Euro sowie drei versuchte Steuerhinterziehungen in Höhe von insgesamt 2072,85 Euro – das ist es, was dem Angeklagten nach über 40 Verhandlungstagen vorzuwerfen ist.“
Die politische Kontroverse um dieses Verfahren wird und muss weitergehen. Vor allem weil auch sichtbar wurde, dass im Hintergrund die Landesregierung von Winfried Kretschmann mit dem Finanzministerium und dem Justizministerium ihre Finger im Spiel hatte.
Michael Ballweg hatte mit den Massendemonstrationen gegen die Coronapolitik im Jahr 2020 in Berlin das Establishment in helle Aufregung versetzt. Das verzeihen sie ihm und allen Corona-Protestlern nicht.
Hinweis der Redaktion
Dieser Text wurde zuerst am 01. August 2025 im Overton-Magazin veröffentlicht. Dieses versteht sich als Stimme gegen Debatteneinengung und Moralismus, hinterfragt allgemeine Narrative und ist dezidiert kein ideologisches Sprachrohr, sondern fühlt sich – wie Connections.News – der Aufklärung verpflichtet.