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Mediennetzwerk

Die SPD ist an rund 500 Medien beteiligt

Viele Deutsche glauben fest daran, dass ihre Tageszeitungen, Radiosender und TV-Programme unabhängig und neutral berichten. Die Vorstellung einer vielfältigen, freien Presse ist ein Grundpfeiler unserer Demokratie. Entspricht das der Realität? „Die Presse ist frei“, steht in den Landesgesetzen.[1],[2] Und Artikel 5 des Grundgesetzes „schützt die Meinungs-, Presse-, Rundfunkfreiheit“. Aber die SPD ist an 13 Unternehmen mit rund 500 Medien – Radio, Print, TV und Online – beteiligt. Eine Abfrage des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages von 2019[3] zeigte zudem, „dass bis auf die AfD und Bündnis90/Die Grünen alle Parteien im Parlament im Medienbereich unternehmerisch tätig“.[4] Allerdings nicht in dermaßen großem Umfang wie die SPD. Eine Recherche.

SPD Mediennetzwerk und Medienbeteiligungen
Das SPD Mediennetzwerk umfasst weit über 500 Medien (@Adobe Stock / DesignVectX + Andreas Prott )

Mediendatenbank KEK: Inhaber- und Beteiligung

Ein Blick auf die Seite der „Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich“ (KEK) ermöglicht einen direkten Einblick. Bei der Frage nach „Sozialdemokratische Partei“, spuckt das System den Namen Dietmar Nietan aus. Er ist der Generaltreuhänder für die Sozialdemokratische Partei Deutschlands. Er sei zwar kein „Inhaber“, habe aber eine Beteiligung von 89.7% an der Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft mbH (ddvg). Die restlichen 10,3 % liegen bei der „Solidarität Verwaltungs- und Treuhandgesellschaft mbH“, welche zu 100% dem Parteivorstand der SPD unterliegt. Kurz: die ddvg gehört zu 100% der SPD.

Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (ddvg)

Der Anspruch der ddvg ist es „mit ihren Beteiligungen zu einer demokratisch geprägten und freien Gesellschaft positiv beizutragen“[5], so heißt es auf der Webseite. Eigentümerin sei seit 1971 die SPD, aber die:

(…) redaktionelle und journalistische Unabhängigkeit und Integrität ist unser Anspruch an sämtliche Aktivitäten im Verlagsgeschäft.[6]

ddvg: Grundsätze zur Sicherung der redaktionellen Unabhängigkeit

An 13 Unternehmen mit rund 500 Medienangeboten – Radio, Print, TV und Online – , ist die SPD mit der Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft (ddvg) direkt oder indirekt beteiligt, laut Mediendatenbank KEK. Welche gehören zum Beispiel dazu?

Presse-Druck GmbH: 100% Beteiligung der ddvg

Teilinhaber folgender Radios ist der Zeitungsverlag Neue Westfälische GmbH.[7] Der Zeitungsverlag wiederum gehört zu 100 Prozent der Presse und Druck GmbH, deren Inhaber die ddvg – und somit die SPD – ist.

  • Radio Bielefeld
  • Radio Gütersloh
  • Radio Herford
  • Radio Hochstift
  • Radio Lippe

Auch an folgenden Zeitungen ist die Presse Druck Gmbh unter anderem beteiligt, zum Teil über den Inhaber oder Teilinhaber, den Zeitungsverlag Neue Westfälische GmbH:

  • Der Ravensberger
  • Haller Kreisblatt
  • Mindener Tageblatt
  • Neue Westfälische
  • NW am Sonntag

Auch an www.newsaktuell.de, www.prisma.de oder www.presseportal.de ist die SPD beteiligt, da sie Anteile an der dpa besitzt. Diese Beteiligung bei der dpa liegt bei bei 1,3 %.

Media Ownership Deutschland[8] schreibt in dem Artikel: „Politischer Einfluss auf Medien in Deutschland“, die Suche nach einer vollständigen SPD-Beteiligung in den Rechenschaftsberichten der Partei gleiche „einem Fass ohne Boden“, denn Medien wie die Neue Westfälische, die teilweise in SPD-Eigentum sind, „berichten häufig ohne Hinweis auf die Eigentümerstruktur über die Partei.“

Oliva Druck- und Verlagsgesellschaft: 100 % Beteiligung der ddvg

An der Oliva Druck- und Verlagsgesellschaft mit Sitz in Berlin hat die SPD – die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (ddvg) – 100 Prozent Anteile. Ein paar Beispiele der Medienangebote, an denen die Oliva Druck- und Verlagsgesellschaft beteiligt ist, sind:

  • Cux Journal
  • Cuxhavener Nachrichten
  • der helgoländer
  • Niederelbe-Zeitung

Verlagsgesellschaft Madsack: 23,1% Beteiligung der ddvg

Die Mediengruppe Madsack ist ein Medienkonzern aus Hannover, gegründet 1893 von August Madsack. Der Konzern ist laut KEK an rund 300 Medien indirekt oder direkt beteiligt, zu denen auch das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) zählt.[9] Mehr als 125 Medienmarken „mit einer täglichen Gesamtauflage von mehr als 2,2 Millionen Exemplaren und einer Reichweite von mehr als 7,2 Millionen Leserinnen“, so RND, beziehen Inhalte des Netzwerks.[10] Madsack ist einer der größten Medienkonzerne in Deutschland“, schreibt Media Ownership Deutschland.

Madsacks größter Einzelaktionär ist die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft – die SPD (…). Diese Eigentümerstruktur ist immer wieder Gegenstand von Diskussionen um die Einflussnahme von Parteien auf Medienunternehmen.[11]

Media Ownership Deutschland, 2024

Zu den Radiosendern, an welchen Madsack zum Teil über weitere Gesellschaften beteiligt ist, zählen unter anderem folgende Radios. Die genannten Sender gehören zu Regiocast oder Funk & Fernsehen Nordwestdeutschland.

  • 80s80s Radio (bundesweit)
  • 94,3 rs2 Berlin-Brandenburg
  • Antenne Niedersachsen
  • Berliner Rundfunk 91.4
  • Hamburg 2
  • LandesWelle Thüringen
  • NRW1
  • RADIO 21
  • Radio Erzgebirge 107,7

Zu den Zeitungen, an welchen Madsack oder Madsack und die ddvg beteiligt sind, gehören unter anderem:

  • Badische Zeitung
  • Hannoversche Allgemeine Zeitung
  • HAZ am Sonntag (Hannover)
  • Kölner Stadt-Anzeiger
  • Kölner Stadt-Anzeiger am Sonntag
  • Göttinger Tageblatt
  • Ruhr Nachrichten
  • CZ am Sonntag
  • Dresdner Morgenpost

GLG Green Lifestyle GmbH: 100% Beteiligung der ddvg

Die SPD hat zudem 100 Prozent Beteiligung an der GLG Green Lifestyle GmbH.[12] Green Lifestyle gibt das „Öko-Test-Magazin“ heraus und betreibt www.oekotest.de.

Beginn des SPD-Netzwerks im Kaiserreich

Die Geschichte der SPD und ihrer Medien reicht zurück ins Kaiserreich. Als das „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ („Sozialistengesetz“), Oktober 1878, erlassen wurde, gründeten die Sozialdemokraten eigene Arbeiterzeitungen, um ihre Ideen zu verbreiten. 1890 verfügte die Partei bereits über 60 Zeitungen mit insgesamt 254.000 Abonnenten. Nach der Enteignung aller sozialdemokratischer Betriebe 1933 und nach dem Ende des 2. Weltkriegs startete der Neubeginn des Mediennetzwerks. 1971 wurde die ddvg gegründet.[13]

Unabhängigkeit der Medien?

Die Bundeszentrale für politische Bildung schreibt, dass Medien als zentrale Informationsvermittler und Interpreten politischer Entscheidungen in modernen Demokratien „eine herausragende Stellung einnehmen“. Anhand eigener Kriterien entscheiden die Medien selbstständig, „welche der täglich zur Verfügung stehenden Informationen von ihnen aufgenommen und verbreitet werden“.[14]
Sind die Medien also unabhängig? DeutschlandFunk[15] hat 2019 zum Thema ddvg und die SPD ein Interview mit dem Zeitungsforscher Horst Röper gemacht. Er meinte, dass es der SPD nicht mehr um politische Einflussnahme gehe: „Früher gab es mal Vorbehalte bei der Besetzung von Chefredaktionen. Das ist aber alles vorbei. Heute geht es nur ums Geld“, so Horst Röper.

Die Partei (SPD) sei dringend auf die Erlöse aus den Verlagsbeteiligungen (der ddvg) angewiesen.

Zeitungsforscher Horst Röper, 2019

Die ddvg hatte im Jahr 2023 einen Jahresüberschuss von 2,9 Millionen Euro, laut Geschäftsbericht.[16]


Hinweis der Redaktion:

In einer vorherigen Version hatten wir geschrieben: „(…) www.newsaktuell, www.prisma.de, und www.presseportal.de gehören zu 100% der SPD“. Das wurde korrigiert.

SPD Mediennetzwerk

(Grafik durch Anklicken vergrößern)

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Vier unabhängige Köpfe, jeder mit über 20 Jahren Erfahrung: Zwei Journalistinnen aus Print und Hörfunk, eine Autorin, ein Finanzberater, und viele Mitstreiter, Webdesigner, Rechtsanwälte, Journalisten-Kollegen. Unsere Expertise, unsere Unabhängigkeit und tiefgehende Recherche machen uns glaubwürdig - und unser Portal notwendig.

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