Das EU-Parlament entmündigt sich selbst
Was am 07. Juli 2025 im Europäischen Parlament in Straßburg als „Aussprache“ über einen Misstrauensantrag gegen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen inszeniert wurde, war kaum mehr als ein Ritual zur Selbstbestätigung der Macht.
Kommentar von Dr. med. Friedrich Pürner, zuerst erschienen auf X, am 07. Juli 20251

Eine ernsthafte Debatte wurde systematisch verhindert. Eine kritische Auseinandersetzung mit realen Vorwürfen – etwa rund um das „Pfizergate“-Urteil? Fehlanzeige. Bereits zu Beginn stellte sich heraus, dass keineswegs alle Abgeordneten zu Wort kommen durften. Fraktionslose Abgeordnete wurden ausgeschlossen. Ein Antrag auf eine vollumfängliche Debatte? Abgebügelt. Die Parlamentspräsidentin Metsola machte einfach weiter – als sei Kritik ein unbedeutender Betriebsunfall.
Was folgte, war eine politische Choreografie mit klarer Rollenverteilung: Auf der einen Seite ein Bündnis aus EVP, Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen, das teilweise die Kommissionspräsidentin mit stehenden Ovationen feierte, um der Kritik demonstrativ den Wind aus den Segeln zu nehmen – als wäre Kritik an ihr ein Angriff auf Europa selbst.
Auf der anderen Seite: ein kleiner Kreis kritischer Abgeordneter, die auf Machtmissbrauch, Intransparenz und strukturelles Versagen hinwiesen – und dafür mit dem Etikett „Extremisten“ versehen wurden. Insgesamt zogen sich die Narrative „Rechtsextreme“, „Putinfreunde“ und „Gefährdung der Demokratie“ wie eine übel riechende Brühe durch die Reden der Leyen-Unterstützer, um die Antragsteller bloßzustellen. Als wäre nicht Frau von der Leyen hier das Problem, sondern ein demokratisch gestellter Antrag.
Ursula von der Leyen verteidigte sich mit markigen Worten, jedoch ohne neue Argumente.
Ihre Impfstoffdeals? Transparent. Der Kontakt zu Pfizer? Selbstverständlich. Die Vorwürfe? Lügen, Verschwörung, russische Einflussnahme.
Es wurde sogar ein neues Narrativ geboren: Das „Playbook der Extremisten“. Und ein altes, längst widerlegtes Narrativ nutze die Kommissionspräsidentin für ihre Verteidigung: Die Bilder von Bergamo.
Dass der Bayerische Rundfunk höchstselbst dieses Narrativ beerdigt hat, wird sie wissen – es kümmert sie nur nicht, weil unkritische Geister weiter daran festhalten. Inhaltliche Auseinandersetzung mit der Kritik der Abgeordneten? Für von der Leyen nicht nötig.
Ihre Unterstützer im Parlament sekundierten mit der Behauptung, das Misstrauensvotum sei ein Spiel der politischen Ränder – nicht etwa Ausdruck realer parlamentarischer Sorge. Ein billiges und respektloses Ablenkungsmanöver.
Was heute (07.07.2025) in Straßburg sichtbar wurde, ist mehr als eine unzulängliche Debatte. Es war die Entkernung parlamentarischer Kontrolle. Wer Kritik übt und auf Fehler hinweist, wird diskreditiert. Wer Transparenz fordert, wird ausgegrenzt. Wer auf institutionelle Verantwortung pocht, dem wird unterstellt, Europa zu schaden.
So wird das Europäische Parlament zur Kulisse einer Politik, die ihre Legitimation nicht mehr durch Debatte und Kontrolle ausübt, sondern blind den Schulterschluss mit der Macht sucht. Ein Parlament, das sich selbst mundtot macht, braucht niemand mehr – außer jene, die ungestört regieren wollen.
Die Abstimmung über das Misstrauensvotum findet am Donnerstag (10.07.2025) statt. Die eigentliche Abstimmung aber war heute – und sie fiel gegen das Parlament und die Demokratie aus.
Ein weiterer Sargnagel wurde heute im Herzen Europas angesetzt – am Donnerstag wird er eingeschlagen werden.
Anmerkung der Redaktion: Der Misstrauensantrag gegen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im EU-Parlament ist gescheitert.